Dynamik und Transformation interpersonaler, inner- und zwischengesellschaftlicher Konflikte

Gegenstand des Forschungsvorhabens ist einerseits die konstruktive Transformation von Konflikten unter besonderer Berücksichtigung der Dritten Partei, sowie andererseits die Untersuchung von Konfliktdynamiken und Gewaltfolgen.

Gegenstand der letztgenannten Studie ist der Zusammenhang von Lebenserinnerungen und Zeitgeschichte in subjektiven Rekonstruktionen miterlebter Epochen, in denen grausame Ereignisse als Zeuge oder Opfer erlebt worden sind. Untersucht werden sollen Aspekte des Umgangs mit der eigenen Vergangenheit, der Funktion von Erinnerungen. Von Interesse ist hier nicht die Frage, ob die Rekonstruktionen wahr oder glaubwürdig sind. Im Zentrum der Untersuchung soll die Frage, welche Inhalte in den erzählten Erinnerungen thematisiert werden, wie diese strukturiert sind, welche subjektive Bedeutung diese Erinnerungen heute haben und welche Funktion bestimmten Erinnerungsgeschichten zukommt, stehen.

Autobiographische Erinnerungen sind zwar zunächst rein persönliche Angelegenheiten, doch können erzählte Erinnerungen an vergangene Ereignisse nicht losgelöst von zwischenzeitlichen Erfahrungen und von gesellschaftlichen Entwicklungen gesehen werden.

Individuelle Erinnerungen sind eingebettet in die sozialen Zusammenhänge der engeren persönlichen und der weiteren gesellschaftlichen Umwelt derjenigen, die sich erinnern. Zur engeren persönlichen Umwelt zählen die Familie, der Freundeskreis. Mit der weiteren gesellschaftlichen Umwelt sind die Medien gemeint, die allgemein verfügbare Darstellungen und Deutungsmuster anbieten. Weder die persönliche Umwelt noch der gesellschaftliche Kontext sind feste Größen. Beide wandeln sich ständig und mit ihnen die individuelle Erinnerung, die von ihrem Rahmen beeinflußt wird, aber auch ihrerseits auf ihn zurückwirkt.

Die Analyse individueller Erinnerungsgestaltungen ist somit ein sozialpsychologisches Unternehmen: Nicht nur spielt beim Erinnern der soziale Rahmen eine wichtige Rolle, sondern das Sprechen über Erinnerungen und über den Umgang mit Erinnerungen findet auch in einem spezifischen sozialen Kontext statt, es entsteht in einer Interaktion zwischen dem Anhörenden und einem Zeitzeugen.

Für diese Arbeit wurde ein Gegenstand ausgewählt, der in besonderer Weise geeignet ist, die Zusammenhänge zwischen dem individuellen Erinnern und dem sozialen Kontext zu erhellen:
a) Das eigene Leben von Zeitzeugen, die die grausamen Ereignissen als Zeugen miterlebten, die diese Ereignisse vor ca. 60 Jahren erlebten.
b) b) Der Giftgasangriff im Nordirak von 1988 und die Ermordung von ca. 186 000 Menschen innerhalb von 10 Jahren (Helsinki Watch, 1995).
c) Erinnerungen von Soldaten, die aktiv an dem Krieg beteiligt waren.
d) Berichte von grausamen Ereignissen in der Literatur.

Erinnern im sozialen Kontext zu untersuchen, heißt zu fragen: Woran erinnern sich Menschen, die diese Zeit miterlebt haben? Was bedeuten ihnen diese Erinnerungen heute? Wie beschäftigen sie sich damit? Teilen sie ihre Erinnerungen mit anderen? Wie finden sie miterlebte Epochen in heutigen Publikationen geschildert?
Grundlage der empirischen Studie sollen ausführliche Interviews mit Zeugen dieser erlebten Ereignisse werden.

Deutschsprachige Veröffentlichungen